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23. September 2015

Zwingender Personalübergang ist eine Sackgasse

Forderung der EVG führt zu weniger Wettbewerb im Bahnverkehr

In jüngster Zeit wurde gewerkschaftsseitig sowie durch die DB AG die Forderung nach einem Personalübergang bei einem Betreiberwechsel nach Ausschreibungen im SPNV erhoben. Gefordert wird, dass eine solche Formulierung in die Novellierung des Vergaberechts zumindest als „Soll-“, noch besser aber als „Muss“-Vorschrift aufgenommen wird. Dieses Werben ist auch bei einzelnen Bundesländern auf Gehör gestoßen.

„Die Anordnung zur verpflichtenden Übernahme der Personale des Altbetreibers gefährdet den erfolgreichen Wettbewerb. Eine verpflichtende Übernahme durch das im Wettbewerb siegende EVU ist aus Sicht der BAG SPNV nicht notwendig“, erläutert Frank Zerban, Hauptgeschäftsführer der BAG-SPNV, die ablehnende Haltung. „Wegen des großen Personalmangels bei Triebfahrzeugführern können diese sich heutzutage ihren Arbeitgeber quasi aussuchen. In manchen Regionen werben sich die Eisenbahnverkehrsunternehmen schon jetzt die Personale gegenseitig ab. In Verbindung mit Tariftreue- und Mindestlohngesetzen von Bund und Ländern kann von Lohndumping nicht gesprochen werden.“

Bereits heute kann auf Grundlage der VO-1370/2007 jeder Aufgabenträger – wenn er es auf Grundlage der vorherrschenden Rahmenbedingungen für angebracht hält – den Übergang von Personalen in seinen Ausschreibungen fordern.

Grundsätzlich besteht hierbei jedoch die Gefahr, dass das abgebende Unternehmen nicht marktfähige Strukturen (z.B. hohe Overheadkosten durch Personalüberbestände in der Verwaltung) an den Neubetreiber weitergibt und dadurch eigene Restrukturierungskosten auf die Wettbewerber abwälzt. Dies könnte zu einer Verengung des Marktes durch das Ausscheiden anderer Anbieter führen. Der SPNV müsste im Ergebnis teurer eingekauft werden.

Darüber hinaus wäre die Anordnung einer verpflichtenden Personalübernahme kontraproduktiv: Die SPNV-Aufgabenträger stellen im Interesse der Fahrgäste höchste Anforderungen an den künftigen Betreiber. Daher sollte das EVU, das den direkten Kontakt zum Kunden hat, die Möglichkeit haben, sein Personal selbst auszusuchen, um diesen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden. Die Dienstleistungsorientierung, egal in welchem Beruf zuvor erworben, muss dabei im Vordergrund stehen. Das Personal muss sich dabei auch positiv mit dem neuen Arbeitgeber identifizieren. Freiwilligkeit ist hierfür eine Grundvoraussetzung. Auf dieser Basis konnte die positive Entwicklung des SPNV in Deutschland vor allem mit einer Qualitätssteigerung durch den Wettbewerb erreicht werden.

Die Aufgabenträger im SPNV tragen den Wettbewerb auf der Schiene nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus und treten für Tariftreue und Vergabegesetze ein. Der Branchentarifvertrag hat im Übrigen auch bereits zu einer deutlichen Angleichung der Löhne bei den verschiedenen Nahverkehrsunternehmen im Eisenbahnverkehr geführt. Ein falscher Weg wäre es jetzt allerdings, wenn faktisch der Tarifvertrag der DB Regio AG als einzig anwendbarer angesehen werden müsste – zumal die Vergaben der jüngeren Vergangenheit nicht anhand unterschiedlicher Personalkosten entschieden wurden.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr (BAG-SPNV) ist die Interessensvertretung der Bestellerorganisationen des Schienenpersonennahverkehrs: Wir organisieren den Informationsaustausch zwischen unseren Mitgliedern, erarbeiten Konzepte für die Weiterentwicklung des SPNV, vertreten die Interessen der Aufgabenträger des SPNV gegenüber Politik, Öffentlichkeit, Verkehrsunternehmen und Verbänden und beraten den Bund, die Länder, Zweckverbände, Parlamente und Behörden zu allen Fragen des SPNV.

Ansprechpartner für die Presse:

Frank Zerban

Email: zerban@bag-spnv.de

Telefon: 030- 81 61 60 99 0